Das Zunftsilber

Das Zunftsilber stellte lange Zeit einen wichtigen Bestandteil des Vermögens der Zunft zum Rüden dar. Im Jahr 1568 beschloss der Vorstand erste silberne Trinkgefässe für die Zunft anzuschaffen. Er ging mit gutem Bespiel voran und stiftete die ersten fünf Becher. Zahlreiche weitere Becher konnten aus der freiwilligen Steuer weitere Zünfter erworben werden. Von nun an verpflichtete die Erlangung einer Ratsherrenstelle je nach deren Bedeutung zur Spende eines Bechers oder eines anderen Trinkgeschirrs. Trug das Amt mehr als 20 Pfund Heller ein, so musste ein Becher von mindestens 6 Gulden Wert abgeliefert werden. Lagen die Einkünfte darunter, schuldete der Amtsinhaber einen halben Becher. Bald gehörte es zum guten Ton, bei der Wahl zum Zunftmeister einen kostbareren als geforderten Becher zu «spenden».

Schon 1597 verfügte die Zunft über einen stattlichen Silberhort von 97 grossen und kleinen Bechern mit einem Gesamtgewicht von etwa 15,5 kg (61 Mark 4 Lot 1 Quint) sowie 50 mit Silber beschlagene Holzlöffel. Das mit 1,5 kg schwerste Stück war ein Deckelbecher, welcher von Jakob Dornhahns Witwe gespendet «Dornhan» oder «dornhanischer Wappenbecher» hiess. Weitere Silbergefässe hatten die Form von «Glesser», «Stouffle» und Stizen (Kanne). Die Mehrzahl der Becher, nämlich 76 Stück, waren einfache glatte Tischbecher mit einem durchschnittlichen Gewicht von 120 Gramm.

1601 wog der Silberbestand bereits über 73 Mark. Im folgenden Jahr verkaufte man 7 Mark davon und erwarb aus dem Erlös eine Gült (Schuldbrief). 1630 wurde mit 14,5 kg rund die Hälfte des toten Kapitals in Form von silbernen Gefässen veräussert und an Zins gelegt.

Für das Zunftsilber hatte der Neubau des Rüden gravierende Folgen: Der Kaufpreis des Hauses «Zur Dankbarkeit» wurde 1777 zu einem grossen Teil aus dem Erlös des Verkaufs von 1‘982 Lot (ca. 30 kg) der insgesamt 2‘554 Lot an vorhandenen Silbergegenständen berappt. Als Käufer zeichneten die Mitzünfter Urteilsprecher Hans Georg Frey (Gold- und Silberarbeiter) und Hauptmann Emanuel Kirchhofer. Wobei Kirchhofer seinen Anteil an Goldschmied Hans Rudolph Huber weiter veräusserte. Was übrig blieb, ist im «Haushaltsrodel» des Jahres 1790 aufgelistet:

  • 5 Kerzenstöcke
  • 3 Senfstizchen
  • 3 Salzgefässe
  • 3 Vorlegelöffel
  • 2 Brettspiel (Essbesteck Messer, Gabel und Löffel für je 12 Personen)
  • 36 Löffel
  • 48 «englische» Gabeln und Messer (nur Heften aus Silber)

Dieser Restbestand mit einem Gewicht von 570 Lot wurde zusammen mit den übrigen Haushaltsutensilien zwischen dem 20.9. 1801 und dem 9.5. 1802 unter den Zünftern versteigert. Als Käufer treten «Capitain Ammann» (18 Löffel, ½ Brettspiel), Zunftmeister Schwarz (2 Vorlegelöffel, 3 Senfstizchen und 3 Salzgefässe), Vogtrichter Seiler (6 Löffel, 5 Kerzenstöcke, 1 ½ Brettspiele und je 6 Paar «englische» Gabeln und Messer), Veith auf dem Rüden (12 Löffel) und Frau Seilerin zum Sternen (Vorlegelöffel und je 12 Paar «englische» Gabeln und Messer) auf.

Im Jahr 1837 stifteten einige Zunftgenossen (Liste nicht vorhanden) den mit dem stehenden Rüden bekrönte Deckelpokal, welchen Johann Jakob Jezler fertigte.

Die Übergabe des Bechers durch den Zunftrüger, Polizeisekretär Johann Heinrich Veith, an Zunftmeister August Winz erfolgte nach Rezitation eines 27 Strophen umfassenden Gedichtes aus der Feder Veiths. Es endete mit den Worten: «Es neuere sich der Treue Band/Für Zunft! Für Stadt!! Für Vaterland!!!»

Die Inschrift auf dem Deckelpokal lautet: «Unser Wahlspruch sey/Wachsam & Treu».

Neben dem «Zunftpokal» hat sich in Privatbesitz ein Henkelschälchen aus dem alten Silberbestand erhalten. Dieses verehrte Hans Ulrich Schwarz 1682 für die Erlangung des Säckelmeisteramts.